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Pflegepersonaluntergrenzen im Bundestag beschlossen

05.06.2017 10:43
Der Deutsche Bundestag hat sich am 1. Juni in 2./3. Lesung mit dem „Gesetz zur Modernisierung der epidemiologischen Überwachung übertragbarer Krankheiten" befasst, das auch die Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen in bestimmtem Bereichen im Krankenhaus beinhaltet.

„Mit verpflichtenden Pflegepersonaluntergrenzen in Krankenhausbereichen, in denen dies besonders notwendig ist, stärken wir die Patientensicherheit und verbessern die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte im Krankenhaus", so Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe.

Die jetzt geplanten Personaluntergrenzen für pflegesensitive Bereiche im Krankenhaus seien allerdings nur „ein Tropfen auf den heißen Stein", merkte die Deutsche Stiftung Patientenschutz im Rahmen der Anhörung zur Sache am 31.05.2017 an. In den Jahren 1991 bis 2015 sei in den Kliniken das Pflegepersonal abgebaut worden, während das ärztliche Personal um 62 Prozent aufgestockt worden sei. Bundeseinheitliche Personalschüssel sollten nun zügig eingeführt werden – in Krankenhaus und Pflegeheim.

Auch das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung (dip) wies auf die prekäre Lage der Pflege hin: Die Gesamtpersonalkosten für Ärzte an Krankenhäusern seien seit 2005 um 80 Prozent gestiegen, für das Pflegepersonal hingegen nur um rund 25 Prozent. Zudem seien 2013 erstmals die Gesamtpersonalkosten für Ärzte an Kliniken höher ausgefallen als die für das gesamte Pflegepersonal.

„Eine Antwort darauf, wie eine qualitativ begründete Pflege und Betreuung bei der absehbaren demografischen Entwicklung realisiert werden" könne, forderte der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa). Gute Arbeitsbedingungen und eine angemessene Vergütung für die Pflegefachkräfte seien hier Schlüsselaspekte, die jedoch von Einrichtungen bzw. Tarifpartnern festgelegt werden müssten. Die Politik könne durch Steuer- und Abgabenerleichterungen bei Diensten an Randzeiten und Wochenenden zu höheren Nettoverdiensten der Pflegekräfte beitragen, so der bpa. Allerdings könne im Zuge höherer Löhne nicht von gleichbleibenden Preisen und einem gleichbleibenden Beitrag zur Pflegeversicherung ausgegeangen werden.

Dass in qualitätskritischen Bereichen Mindestanforderungen an die Personalausstattung im Krankenhaus gestellt werden sollte, meint auch der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Spitzenverband). Aber eben nur dort, Entscheidungsspielräume der Kliniken müssten erhalten bleiben. Zudem wies der GKV-Spitzenverband darauf hin, dass bis Mitte 2020 ein wissenschaftlich fundiertes Verfahren zur einheitlichen Personalbemessung in Pflegeeinrichtungen entwickelt und erprobt werde, was dem Gesundheitsökonomen Stefan Greß von der Hochschule Fulda jedoch nicht ausreicht. Die schwierige Personallage und die daraus resultierenden Gefährdung der Pflegequalität erfordere eine schnellstmögliche Umsetzung bundesweit verbindlicher Personalbemessungsregelungen, auch für die Langzeitpflege, sagte Greß in der Anhörung.

Das Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates und soll im Sommer 2017 in Kraft treten.

Die Maßnahmen im Einzelnen:

  • Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutschen Krankenhausgesellschaft haben spätestens bis zum 30. Juni 2018 verbindliche Pflegepersonaluntergrenzen für solche Krankenhausbereiche festzulegen, in denen dies aus Gründen der Patientensicherheit besonders notwendig ist. Die Vereinbarung muss zum 1. Januar 2019 wirksam werden. Sollte bis zum 30. Juni 2018 keine Vereinbarung zustande kommen, wird das Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2018 durch eine Rechtsverordnung ersatzweise die ausstehenden Entscheidungen treffen.

  • Der Pflegezuschlag, den Krankenhäuser seit diesem Jahr zur Förderung einer guten pflegerischen Versorgung erhalten, wird ab 2019 von bisher 500 Millionen Euro auf bis zu 830 Millionen Euro pro Jahr aufgestockt. Er kommt insbesondere den Krankenhäusern zugute, die viel Personal beschäftigen, denn Krankenhäuser erhalten den erhöhten Zuschlag in Abhängigkeit von ihrer Pflegepersonalausstattung. Soweit die Pflegepersonaluntergrenzen zu Mehrkosten führen, die nicht bereits anderweitig finanziert sind, können krankenhausindividuelle Zuschläge vereinbart werden.
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