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Jahrespressekonferenz der KVB: Vorstand mit klarer Kritik am Gesetzgeber

14.12.2014 22:09
Deutliche Kritik an der Gesetzgebung in Sachen Gesundheitspolitik äußerte heute der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) im Rahmen seiner Jahrespressekonferenz im Münchner Presseclub. Mit dem aktuell in Planung befindlichen Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) bereite die Bundesregierung den Boden für ein neues Gesundheitswesen ohne freiberuflich tätige Ärzte und Psychotherapeuten. An deren Stelle sollten Kliniken und große Zentren mit angestellten Ärzten die medizinische Versorgung der Patienten übernehmen und steuern. Das sei mit dem Ziel einer flächendeckenden, qualitativ hochwertigen ambulanten Versorgung der Bevölkerung nicht vereinbar. Insofern rief der Vorstand der KVB die politischen Entscheidungsträger dazu auf, das GKV-VSG in der jetzigen Form zurückzuziehen und komplett zu überarbeiten.
Der Vorstandsvorsitzende der KVB, Dr. Wolfgang Krombholz, kritisierte insbesondere die Vorgaben zum Praxisaufkauf in rein rechnerisch überversorgten Regionen. Dies könnte nach jetziger Planung in Bayern rund 3.400 Haus- und Fachärzte sowie 1.200 Psychotherapeuten betreffen. Bei seinem Einsatz gegen die Pläne zum Zwangsaufkauf sieht Krombholz die Landräte und Bürgermeister an seiner Seite: "Ich hatte im Oktober bayerische Kommunalpolitiker auf diese Problematik hingewiesen und mittlerweile zahlreiche Rückmeldungen erhalten. Der Tenor ist eindeutig: Das Gesetz hat verheerende Folgen. Hoffentlich werden die Stimmen Bayerns entsprechend in Berlin gehört." Der Vorstandsvorsitzende der KVB ging zudem auf die neue Wirkstoffvereinbarung in Bayern ein, die inzwischen mit den Krankenkassen konsentiert werden konnte. Damit sei es nun endlich möglich geworden, durch mehr Transparenz und nachvollziehbare Prüfkriterien die Regressgefahr für die Ärzte, die ihren Patienten Arzneimittel verordnen, zu bannen. Mit der Bereitschaftsreform habe man ein weiteres Großprojekt in Bayern erfolgreich gestartet und bereits wichtige Meilensteine, wie eine deutliche Reduktion der Bereitschaftsdienstgruppen und die Errichtung zahlreicher Bereitschaftspraxen, erreicht. Für Krombholz ist es ein "Gebot der Gerechtigkeit", dass sich alle Mitglieder der KVB daran beteiligen, den Bereitschaftsdienst in Bayern auch in Zukunft flächendeckend aufrecht zu erhalten.
Für den ersten stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der KVB, Dr. Pedro Schmelz, stellt die aktuelle Gesetzgebung eine massive Gefährdung der niedergelassenen Fachärzte dar. Dabei kritisierte Schmelz die Widersprüchlichkeit des Gesetzentwurfes: "Während auf der einen Seite Praxen dauerhaft den gewachsenen Versorgungsstrukturen entzogen werden sollen, verspricht der Gesetzgeber auf der anderen Seite den Patienten künftig kurze Wartezeiten auf einen Facharzttermin innerhalb von vier Wochen. Eine Ausweitung des Angebots bei gleichzeitiger Verknappung der Ressourcen in einem insgesamt budgetierten System - das ist realitätsfern und kann so nicht funktionieren." Als besonders perfide bezeichnete es Schmelz, dass durch den Gesetzgeber ein Keil zwischen die Fachärzte in den Praxen und denen in Kliniken getrieben werde. Durch die Öffnung der Krankenhäuser und die Zulassung von Medizinischen Versorgungszentren in kommunaler Hand werde ein harter Verdrängungswettbewerb zulasten der niedergelassenen Fachärzte in eigenen Praxen eröffnet. Leidtragende dabei wären nicht nur die Ärzte und deren Praxisteams, sondern vor allem die Patienten, so Schmelz: "Es ist ein Trugschluss, dass man so die Versorgung der Patienten effektiver und kostengünstiger gestalten könnte." Dass die ärztliche Selbstverwaltung durchaus ohne Eingriffe des Gesetzgebers handlungsfähig sei, machte Schmelz an der Honorarverteilung durch die KVB fest. Hier habe man gemeinsam mit den ärztlichen Berufsverbänden in den letzten Jahren unter schwierigen Rahmenbedingungen konstruktive Lösungen gefunden.
Die zweite stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KVB, Dr. Ilka Enger, appellierte an die Politiker, die großen Errungenschaften des deutschen Gesundheitssystems, wie freie Arztwahl und Therapiefreiheit, zu erhalten. "Es kann nicht das Ziel einer verantwortungsvollen Gesundheitspolitik sein, die bewährten Versorgungsstrukturen, die Therapiefreiheit und die Freiberuflichkeit von Ärzten und Psychotherapeuten immer weiter systematisch einzuschränken", erklärte Enger. Den Patienten werde zwar durch die Bundesregierung suggeriert, das geplante GKV-VSG sei für sie positiv. Tatsächlich gefährde dieses jedoch die ambulante Versorgung. Es sei deshalb auch verständlich, dass die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten ihre Patienten über den "gesetzgeberischen Irrweg" informieren und aufklären wollen. Das gelte auch für die elektronische Gesundheitskarte (eGK), die ab 1. Januar 2015 vor jeder Behandlung in Praxen und Kliniken durch den Patienten vorzuweisen ist. Hätte man vonseiten der Politik aus von Anfang an die Ärzteschaft mit einbezogen und deren Anregungen und Bedenken ernst genommen, dann wäre es nicht zu solchen Problemen, wie sie inzwischen mehrfach aufgetreten seien, gekommen. Enger geht davon aus, dass auch im aktuellen Planungsstand der eGK weiterhin Zeitverzögerungen, Kostensteigerungen und Sicherheitsbedenken absehbar seien. Sie warb hingegen um mehr Unterstützung für das sichere Netz der Kassenärztlichen Vereinigungen als Basis der Vernetzung der Praxen und Kliniken.