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Abschied von der „digitalen Romantik"

14.11.2017 23:16
Derzeit nutzt knapp jeder fünfte Deutsche ein Smartphone (18 Prozent) und 8 Prozent ein Wearable zur Überwachung und Optimierung der eigenen Gesundheit. Das wird sich voraussichtlich auch im kommenden Jahr nicht maßgeblich steigern. Nur 15 Prozent denken darüber nach, sich diesen Pionieren anzuschließen. Noch zögerlicher reagieren die Deutschen im Gesundheitsbereich, wenn es um den Einsatz von künstlicher Intelligenz oder Pflegerobotern geht. Dies zeigen die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage der Management- und Technologieberatung BearingPoint.

Das Thema Datenschutz ist den Patienten bei der Überwachung der Gesundheit mittels Apps oder Wearables am wichtigsten. 60 Prozent der mehr als 1.000 Befragten ab 16 Jahren befürchten, dass ihre gesundheitlichen Informationen nicht ausreichend vor dem Zugriff Unbefugter geschützt wären. Selbst bei vollständiger Datensicherheit würde nicht mal die Hälfte der Patienten ihre Gesundheitsdaten ihrer Krankenkasse (40 Prozent) zur Verfügung stellen, Pharmaunternehmen (5 Prozent) kommen noch deutlich schlechter weg. Einzig Ärzte (85 Prozent) kämen bei der Mehrheit für die Bereitstellung der persönlichsten Daten infrage. „Das Vertrauen der Patienten gewinnt man nicht von heute auf morgen", kommentiert Ralf Dillmann, Partner bei BearingPoint, „dafür muss das Thema Datensicherheit konsequenter aufgezeigt und angegangen werden."

Vieles, was aus Patientensicht noch nach futuristischer Vision klingt, wäre heute bereits möglich, analysiert Bearing Point. Dennoch herrsche unter den Deutschen erhebliche Skepsis gegenüber medizinischen Innovationen: Pflegeroboter und Mikrochipimplantate sind den Deutschen „schlichtweg nicht ganz geheuer". So lehnen es 56 Prozent ab, sich am Krankenbett von einem Roboter pflegen zu lassen und auch die alleinige Diagnose durch einen Computer kommt für 63 Prozent nicht infrage.

Wäre bei letzterem hingegen ein Arzt involviert, schlüge die Ablehnung in Bereitschaft um: Künstliche Intelligenz in Zusammenarbeit mit einem Arzt wäre für 61 Prozent akzeptabel. Auch hier offenbare sich ein dringlicher Handlungsbedarf, die Patienten müssten aufgeklärt und ihre Sorgen angehört werden. Nur wenn sie in die technischen Fortschritte einbezogen würden, könne das volle Potenzial der „smarten Gesundheit" ausgeschöpft werden. Der Arzt als Vertrauensperson spielt beim Aufbau eines zukünftigen digitalen Gesundheitsökosystems demnach eine zentrale Rolle.

„Es wird Zeit, dass sich die Akteure im deutschen Gesundheitssystem aus ihrer digitalen Romantik verabschieden und rasch den Pfad der digitalen Aufklärung wählen", empfiehlt Dillmann. Andernfalls droht ihnen, dass sie von globalen Technologieanbietern überrundet werden und nach deren Maßstäben handeln müssen.

Die Studie ist unter diesem Link verfügbar.

Grafik: Bearing Point