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Gefährliche Erreger fordern Hygienemanagement in ambulanter Pflege heraus

11.03.2019 17:36
Antibiotikaresistente Erreger wie MRSA-Bakterien stellen nicht nur Krankenhäuser, sondern auch ambulante Pflegedienste vor erhebliche Herausforderungen. Wie eine neue Studie des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) und der Berliner Charité zeigt, fehlt es in manchen Diensten offenbar am richtigen Umgang – ein Risiko für Pflegebedürftige und das Gesundheitssystem.

Ältere pflegebedürftige Menschen sind oft besonders gefährdet, durch MRSA-Bakterien schwerwiegende gesundheitliche Schäden zu erleiden oder als deren Träger solche Problemkeime zum Beispiel im Krankenhaus weiterzugeben. In diesem Zusammenhang wird die Rolle zunehmend bedeutsamer, die ambulante Pflegedienste unter anderem bei der Besiedlungs- sowie Infektionsvorbeugung für Patienten und damit auch für das ganze Gesundheitssystem spielen. Derzeit sind ambulante Dienste an der Versorgung von 830.000 Pflegebedürftigen beteiligt – das entspricht knapp einem Viertel aller pflegebedürftigen Menschen in Deutschland. Von 2003 bis heute ist die Zahl der Menschen, die von Pflegediensten versorgt werden, um 84 Prozent gestiegen.

Laut einer Analyse des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) war 2016 deutschlandweit in etwa jedem zweiten nicht spezialisierten Pflegedienst von mindestens einem Mitarbeiter bekannt, dass dieser in den zurückliegenden 12 Monaten mit Problemkeimen bei Pflegebedürftigen konfrontiert gewesen war. Die Dunkelziffer dürfte höher liegen. In 95 Prozent der benannten Fälle handelte es ich nach Auskunft des Dienstes um MRSA-Bakterien.

Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender des ZQP, hält daher fest: „Die fachgerechte Umsetzung von Hygiene-Maßnahmen in ambulanten Diensten insbesondere im Umgang mit pflegebedürftigen Menschen, die von Problemkeimen betroffen sind, ist ein wichtiger Faktor für deren Sicherheit aber auch für die Sicherheit anderer Patienten im Versorgungsystem.“ Denn die Qualität des Hygienemanagements eines Dienstes kann oft erheblich dazu beitragen, dass besiedelte Patienten von diesen Erregern erfolgreich befreit und Keime nicht weiterverbreitet werden.

Eine aktuelle Studie des ZQP und der Charité – Universitätsmedizin Berlin liefert nun deutliche Hinweise, wie groß die Herausforderung MRSA für das Hygiene-Management von ambulanten Diensten offenbar teilweise ist. Insgesamt kommen die Autoren in ihrem Beitrag für die wissenschaftliche Fachzeitschrift ZEFQ zu dem Ergebnis, dass statistisch in nur etwa 50 Prozent von MRSA-Fällen – bei den in die Untersuchung eingeschlossenen ambulanten Diensten – eine fachgerechte MRSA-Versorgung erfolgen kann. Denn: In jeweils fast einem Drittel der teilnehmenden Dienste fehlte ein festes MRSA-Sanierungsschema (29,3 Prozent) bzw. gab es kein Protokoll für MRSA-Sanierung (28,7 Prozent). In den Diensten, in denen solche Strukturen etabliert waren, fehlte den Mitarbeitenden teilweise die Kenntnis darüber. So waren dort 25,6 Prozent der Befragten das vorhandene Sanierungsschema nicht bekannt – das Sanierungsprotokoll 26,8 Prozent.

Die Untersuchung legt darüber hinaus nahe, dass sich regelmäßig durchgeführte Hygieneschulungen positiv auf das Hygienemanagement auswirken. Bei denjenigen Pflegekräften, die an einer entsprechenden Schulung innerhalb der letzten 12 Monate teilnahmen, waren die Kenntnisse über das Vorhandensein von festen MRSA-Sanierungsschemata, Sanierungsprotokollierung und Verfahrensanweisungen zum Umgang mit speziellen Erregern besser als bei den anderen Befragten.

In Anbetracht dieser Ergebnisse betont Dr. Ralf Suhr vom ZQP, der Mitautor des wissenschaftlichen Beitrags ist: „Fortbildungen für Pflegekräfte sind für das gesamte Thema Patientensicherheit von erheblicher Bedeutung – das zeigt sich auch beim Hygienemanagement.“ Dienste und Einrichtungen müssten darum sicherstellen, dass die Mitarbeitenden ihr Wissen häufig genug auffrischen können. Darüber hinaus fordert Suhr eine konstruktive Kultur im Umgang mit unerwünschten Ereignissen und Fehlern in der Pflege zu schaffen: „Fehler werden gemacht – aber man muss aus ihnen lernen können und dürfen.“

 

Methodik und Vorgehensweise bei der ZQP-Charité-Studie

Für die deutschlandweite Querschnittsstudie wurde bei Mitarbeitenden von ambulanten Pflegediensten eine anonyme schriftliche Befragung per Fragebogen durchgeführt. Dazu wurden die zurückgesendeten Fragebögen mit dem Statistikprogramm SPSS quantitativ ausgewertet.
Von insgesamt 480 zufällig ausgewählten Pflegediensten konnten 107 Pflegedienste aus dem gesamten Bundesgebiet für die Teilnahme gewonnen werden. Von insgesamt 656 Mitarbeitenden wurden ausgefüllte Fragebögen zurückgesandt.
Aus der Gesamtstudie sind die der Presseinformation zugrunde liegenden Ergebnisse in der "Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen" (ZEFQ) 2018 veröffentlicht worden. www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S1865921718301120.

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