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Gewalt in der Pflege

18.12.2014 14:39
Berlin, 9. Dezember 2014. Gewalt in der Pflege beinhaltet weitaus mehr als körperliche Übergriffe und kann Gepflegte sowie Pflegende gleichermaßen treffen. Dies geht aus einer repräsentativen Umfrage der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) hervor. Danach sind Konflikte zwischen pflegebedürftigen Menschen und Pflegenden keine Seltenheit. Ein Drittel der Befragten mit Pflegeerfahrung gab an, sich schon mindestens einmal unangemessen in der Pflege verhalten zu haben. Davon äußerten die meisten, den Pflegebedürftigen beschimpft oder beleidigt zu haben (79 Prozent), 26 Prozent entzogen gelegentlich erforderliche Hilfen oder Aufmerksamkeit, 6 Prozent wurden körperlich aggressiv. Aber auch Pflegende erfahren aggressives oder gewalttätiges Verhalten seitens des Pflegebedürftigen: 40 Prozent der Befragten haben dies schon mindestens einmal erlebt. Dabei sind Frauen häufiger mit unangemessenem Verhalten konfrontiert (44 Prozent) als Männer (36 Prozent).

Zudem macht die ZQP-Studie einmal mehr deutlich, dass mehr Aufklärung zum Thema notwendig ist. „Es fehlt vor allem am gesellschaftlichen Problembewusstsein“, stellt Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender des ZQP fest. Danach gefragt, in welchen Bereichen dringender Verbesserungsbedarf bei der Versorgung pflegebedürftiger Menschen besteht, nannten nur 18 Prozent der Bundesbürger den Schutz vor Gewalt und Aggression. Nur ein Drittel der Befragten sah überhaupt dringenden Handlungsbedarf des Staates bei der Vermeidung von Gewalt gegen ältere und pflegebedürftige Menschen. „Bei der Vermeidung von Gewalt gegen Demenzkranke, eine besonders gefährdete Gruppe, waren es sogar nur zehn Prozent“, so Suhr.

 

Um Gewalt in der Pflege zu vermeiden, bedarf es auch einer stärkeren Entlastung Pflegender. Fast drei Viertel der Pflegenden gab an, die Betreuung hilfebedürftiger Menschen als „eher belastend“ oder sogar „sehr belastend“ zu empfinden. „Gerade im Bereich der häuslichen Pflege können Probleme durch Überforderung entstehen. Pflegende Angehörige müssen oftmals beispielsweise private und berufliche Verpflichtungen miteinander vereinbaren. In solchen Fällen können dann Situationen eskalieren“, erklärt Suhr. Als wichtigste Hilfsmaßnahmen befürwortet die überwiegende Mehrheit der Studienteilnehmer professionell medizinisch-pflegerische Hilfen (76 Prozent), gefolgt von konkreten Angeboten wie der sogenannten Verhinderungspflege (65 Prozent) oder Kurzzeitpflege (54 Prozent). Auch Aufklärung und Beratung empfinden viele als hilfreich: 29 Prozent der Befragten betrachten „Kurse zur Pflege“, 25 Prozent „Angebote der Pflegeberatung“ als bedeutsame Hilfen.

 

„Wir benötigen besonders mehr spezielle Beratungsangebote, die ein frühzeitiges Erkennen und die Intervention bei Krisenfällen ermöglichen“, sagt Suhr. Vor diesem Hintergrund hat das ZQP auch ein Internetportal zur Gewaltprävention entwickelt, das erstmals fundierte Informationen, Entlastungsmöglichkeiten, praktische Tipps sowie Kontaktdaten zu bundesweiten Krisentelefonen für alle Beteiligten in der Pflege bietet. Das Portal ist unter www.pflege-gewalt.de zu erreichen.

 

Alle Umfrageergebnisse finden Sie im ZQP-Faktenblatt auf www.zqp.de.

II. Methoden und Vorgehensweise

 

Um weitere Erkenntnisse zu „Aggression und Gewalt in der Pflege“ zu gewinnen, hat das ZQP im April 2014 eine bevölkerungsrepräsentative Umfrage zu allgemeinen Einstellungen zu Pflege, konkreten Pflegeerfahrungen sowie Erfahrungen mit problematischem Verhalten und Gewalt durchgeführt. In dieser anonymen Bevölkerungsumfrage wurden mittels einer repräsentativen Stichprobe Einstellungen aus den Themenbereichen „Aggression und Gewalt in der Pflege“ erfragt. Die Stichprobengröße beträgt 2.521 Befragte (N=2.521).

 

Die Befragung wurde in der Zeit vom 3. bis 10. April 2014 durchgeführt. Die Grundgesamtheit bildete die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren, repräsentiert in einem Panel (forsa.omninet) mit ca. 20.000 Personen. Als Erhebungsmethode kam die In-Home-Befragung per PC bzw. Set-Top-Box am TV-Bildschirm zum Einsatz. Anschließend wurde die Personenstichprobe nach Region, Alter, Geschlecht und Bildung gewichtet. Die statistische Fehlertoleranz der Untersuchung in der Gesamtstichprobe liegt bei +/- 2 Prozentpunkten.

Ausgabe 01 / 2015