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Kiel: Untergrenzen kein großer Wurf – aber sie schaffen Transparenz im Pflege-Chaos

10.09.2019 15:56
Pflegepersonal arbeite in Deutschland ohne eine definierte Belastungsgrenze, moniert der DBfK Nordwest. Die dauerhafte Überlastung von Pflegepersonal und damit die Gefährdung der Gesundheit von Personal und Patienten werde in Kauf genommen. Schutz sollte die Vereinbarung einer Belastungsgrenze in Form der Pflegepersonaluntergrenze (PpUG) bieten, die vom DBfK Nordwest in der vorliegenden Form bereits kritisiert wurde. Die Umsetzung der PpUG zeige nun auch im Alltag, dass ein bedarfsgerechter Einsatz von Pflegepersonal in Deutschlands Kliniken eine große Herausforderung darstellt.

Die Folgen des Pflegepersonalmangels seien in Deutschland mittlerweile deutlich sicht- und spürbar. Das äußere sich darin, dass Leistungen nicht erbracht werden könnten und Stationen geschlossen werden müstsen. Auf dem Weg dahin sei Pflegepersonal bisher ohne die Berücksichtigung einer Mindestpersonalquote belastet worden – was dem Pflegepersonal genauso schade wie es die zu pflegenden Patient/innen gefährde.

„Der Einsatz von Pflegepersonal geschieht in Deutschland nicht nur willkürlich. Der durchschnittliche Betreuungsschlüssel von einer Pflegefachperson pro 13 Patient/innen ist eine Quote, mit dem wir in Europa im Ergebnis ein gefährliches Schlusslicht sind“, so Dr. Martin Dichter, Vorsitzender des DBfK Nordwest in seinen Ausführungen zur aktuellen Situation der Pflege in Deutschland.

Im Rahmen des 2. Pflegetages Schleswig-Holstein wurden die unterschiedlichen Perspektiven auf die Umsetzung der Pflegepersonaluntergrenzen beleuchtet. Schleswig-Holsteins Vertreter/innen aus Krankenhausgesellschaft, Kammer und Pflegemanagement diskutierten mit den Teilnehmenden am 10.09.2019 auf dem Pflegetag Schleswig-Holstein 2019 miteinander und mit dem Publikum.

Schleswig-Holsteins Krankenhäuser würden die Personaluntergrenzen einhalten - nur 4% der Monatsdurchschnitte bei den Personalvorgaben würden nicht der PpUG entsprechen und sanktioniert werden – das sei Bundesdurchschnitt, sagte der Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Schleswig-Holstein, Patrick Reimund.

Die Pflegepersonaluntergrenzen in ihrer jetzigen Form orientierten sich an einem sehr niedrigen und auf die Handlung ausgerichtetes Verständnis von Pflege, die Berufsgruppe bleibe so hinter ihrem eigenen Anspruch zurück, zeigte DBfK Referentin Sandra Mehmecke bei der Einordnung der Personaluntergrenzen auf. Dabei könne die Berufsgruppe selbstbewusst auftreten: Krankenhäuser leiteten ihre Existenzberechtigung auch davon ab, dass die Patienten während einer medizinischen Behandlung eine pflegerische Versorgung erhielten – denn sonst könne die Maßnahme auch ambulant erfolgen.

Für Brigitte Kaack, Mitglied des Vorstandes der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein, zeigen die Pflegepersonaluntergrenzen Wirkung, weil über diese geredet werde. Es sei gut, dass das Thema in der Öffentlichkeit angekommen sei, auch wenn die Diskussion darüber noch nicht beendet sei.

Für Sabine Schmidt, Pflegedirektorin des städtischen Klinikums Kiel, ist die Diskussion um die Pflegepersonaluntergrenzen noch nicht vorbei, sie möchte aber die ideologische Komponente der Diskussion etwas in den Hintergrund stellen und verwies darauf, dass eine Mindestpersonalvorgabe nichts anderes heißen würde, als dass diese Grenze nicht unterschritten werden dürfe – mehr Personal kann durchaus eingestellt werden und da ist der Arbeitgeber auch in der Verantwortung, die dafür nötigen Bedingungen herzustellen.

Wenig Übereinkunft gab es bei der Frage nach dem richtigen Umgehen mit dem unterschreiten der Personaluntergrenzen – für die Krankenhausgesellschaft steht der Versorgungsauftrag der Krankenhäuser im Vordergrund. Wie dabei die Versorgungsqualität sichergestellt werden könne, blieb unklar.

Der Pflegetag Schleswig-Holstein fand bereits zum 2. Mal statt; erstmals in Kiel im städtischen Klinikum. Als regionale Vertretung des größten Berufsverbands der Pflegeberufe in Deutschland hat der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe DBfK Nordwest e.V. nach eigenen Angaben zum Ziel, mit dem Veranstaltungsformat „Pflegetag“ beruflich Pflegende, Politik und Arbeitgeber zusammenzubringen und gemeinsam über professionelle Pflege und Schritte zur Sicherstellung einer guten pflegerischen Versorgung zu reden.