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Preis für innovative Arzneimittel

19.10.2009 09:40
Der Galenus-von-Pergamon-Preis zeichnet hochqualifizierte Wissenschaftler in der Pharmakologie aus

In diesem Jahr würdigt der Galenus-von Pergamon-Preis, der in der Fachwelt als Nobelpreis für innovative Arzneimittel gilt, gleich mehrere herausragende Leistungen in der Pharmakologie.

Im Fokus der 13-köpfigen Expertenjury standen diesmal drei Kategorien, aus denen jeweils ein preiswürdiger Sieger hervorging: Die erste der drei bewerteten Gruppen betrifft Medikamente aus dem Bereich Primary Care, also Medikamente, die bei einer breiten Patientengruppe eingesetzt werden.

Daneben wurde eine erfolgreiche Therapiemöglichkeit aus der Gruppe Specialist Care ausgezeichnet, also ein Präparat, das für sehr wenige Menschen zur Behandlung seltener Erkrankungen erfolgreich eingesetzt wird. Bislang standen diese beiden Kategorien in Konkurrenz um den Preis. Um nun beiden Gruppen gleichermaßen gerecht zu werden, wird ab sofort jede für sich bewertet.

Wie in den Jahren zuvor wurde von der Jury als dritter Preis eine herausragende Innovation in der pharmakologischen Grundlagenforschung gewürdigt. Das Jurorenteam um Professor Erland Erdmann, Kardiologe aus Köln, zeigt sich erneut „beeindruckt von den hier aufgezeigten neuen pharmakologischen Therapiemöglichkeiten, die zu bewerten waren. Mit dieser Bewertung schaffen wir zum einen Aufmerksamkeit und zum anderen ist die Expertenmeinung ein objektiver Maßstab für die wissenschaftliche Bedeutung des ausgezeichneten Pharmakons.“

Auf einer feierlichen Gala mit Prominenz aus Wissenschaft, Politik und Gesellschaft und hochrangigen Unternehmensvertretern aus Medizin und Pharmakologie haben am 15. Oktober 2009 folgende Preisträger den diesjährigen Galenus-von-Pergamon-Preis entgegengenommen:

Primary Care: Der Gewinner des Galenus-von-Pergamon-Preises 2009 in der Kategorie Primary Care ist Procoralan® (Ivabradin) vom Unternehmen Servier. Mit diesem Präparat ist im Jahr 2006 nach langer Zeit wieder ein innovativer Wirkstoff in die antianginöse KHK-Therapie eingeführt worden. Als erster selektiver If-Kanalhemmer reduziert er exklusiv die Herzfrequenz, ohne gleichzeitig Kontraktilität und kardiale Erregungsleitung zu beeinflussen.

Indikation: Das Medikament ist für die antianginöse Therapie bei symptomatischen Patienten mit koronarer Herzkrankheit und stabiler Angina pectoris zugelassen, die Betablocker nicht vertragen oder bei denen Kontraindikationen gegen Betablocker bestehen. Die Zulassung basiert auf den Ergebnissen von Phase-III-Studien, in denen die Substanz eine äquivalente Wirksamkeit im Vergleich zu antianginösen Standardtherapeutika unter Beweis gestellt hat. 

Specialist Care: Der Gewinner des Galenus-von-Pergamon-Preises 2009 in der Kategorie Specialist Care ist Orfadin® (Nitisinon) von Swedish Orphan International. Das Präparat ermöglicht erstmals eine medikamentöse Therapie bei Patienten mit Tyrosinämie Typ 1. Die Situation der Patienten mit der seltenen, aber schweren genetischen Stoffwechselkrankheit hat sich mit der Einführung des Arzneimittels im Jahr 2005 entscheidend verbessert.

Indikation: Nitisinon ist zugelassen zur Therapie von Patienten mit angeborener Tyrosinämie Typ 1. Es ist als Orphan Drug ausgewiesen. Die Therapie erfolgt in Kombination mit eingeschränkter Aufnahme von Tyrosin und Phenylalanin durch die Nahrung. Durch Hemmung des normalen Abbaus von Tyrosin mit Nitisinon bei Tyrosinämie Typ 1 wird die Anhäufung toxischer Stoffwechselprodukte verhindert, die Leber und Nieren schädigen. Das Risiko für ein Leberkarzinom sinkt.

Die Sieger aus den Gruppen Primary Care und Specialist Care erhalten jeweils eine Medaille und eine Urkunde.

In der Kategorie Grundlagenforschung gibt es in diesem Jahr zwei Gewinner, die neben einer Medaille sich das Preisgeld in Höhe von 10.000 € hälftig teilen:

Die Forschergruppe um Privatdozent Hadi Al-Hasani vom Institut für Ernährungsforschung in Potsdam-Rehbrücke nimmt den Galenus-von-Pergamon-Preis 2009 in der Kategorie Grundlagenforschung entgegen. Das Team wird für die Entdeckung eines Gendefektes geehrt, der zumindest Mäuse auch bei sehr fettreicher Ernährung vor Adipositas und Diabetes mellitus schützt. Die Tiere werden nicht dick, egal, wie viel sie futtern.

Die Entdeckung: Al-Hasani und seine Mitarbeiter haben herausgefunden, dass Tiere mit dem Gendefekt vermehrt überschüssiges Fett in ihren Muskeln verbrennen, statt es zu speichern. Gelänge es auch bei Menschen, gezielt in diesen Mechanismus einzugreifen, ließe sich daraus vielleicht eine sehr wirksame Adipositas-Therapie entwickeln. Zuvor muss jedoch der Regelmechanismus noch genauer untersucht werden, über den das neu charakterisierte Gen Tbc1d1 den Fett- und Glukosemetabolismus beeinflusst. 

Die Forschergruppe um Professor Christian Weber vom Universitätsklinikum der RWTH Aachen erhält ebenfalls den Galenus-von-Pergamon-Preis 2009 in der Kategorie Grundlagenforschung. Sie haben ein neues Konzept zur Atherosklerose-Therapie entwickelt.

Darin geht es um die nebenwirkungsarme Unterbrechung der Wechselwirkung von Chemokinen, die die Atherosklerose fördern. Die Entdeckung: In Tierversuchen ist es den Wissenschaftlern gelungen, die Wechselwirkung von Chemokinen zu unterbrechen, die normalerweise atherogen und entzündungsfördernd wirken.

Die als Chemokine bezeichneten Eiweißmoleküle CCL5 und CXCL4 können ein pathophysiologisch wirksames Paar bilden. Sie fördern die Entstehung der Atherosklerose. Ein von den Forschern entwickelter Peptid-Antagonist verhindert, dass sie ein Paar bilden. Im Tierversuch gab es weniger atherosklerotische Läsionen.

Der Galenus-von-Pergamon-Preis wurde von dem französischen Pharmakologen und Medizinjournalisten Roland Mehl im Jahr 1970 aus der Taufe gehoben. Seinerzeit war es Mehls Motivation, der pharmazeutischen Forschung zu einer höheren Bedeutung zu verhelfen.

Nach fast 40-jährigem Bestehen des Preises und nach intensiver Zusammenarbeit von Regierungen und Wissenschaftlern erfährt die pharmazeutische Industrie eine wesentlich größere Beachtung als früher. Dies zeigt sich auch daran, dass mittlerweile 11 Länder den Prix Galien vergeben. Der Preis ist benannt nach dem gleichnamigen Arzt, der im 2. Jahrhundert n.Chr. lebte und dessen nahezu 400 Schriften das Bild der Medizin fast 1.400 Jahre maßgeblich bestimmten. Der Galenus-von-Pergamon-Preis wird in Deutschland nun zum 17. Mal gestiftet von der Ärzte Zeitung.