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Mehr Patientensicherheit: Ersatzkassen starten Portal für sichere Gesundheitsversorgung

23.02.2024 11:21
Der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) und seine Mitgliedskassen haben das Webportal „Mehr Patientensicherheit“ gestartet. Damit betreten sie bundesweit neues Terrain: Erstmals können Versicherte und ihre Angehörigen über sicherheitsrelevante Erfahrungen aus allen Bereichen der Gesundheitsversorgung berichten. Ob Arztpraxis, Kreißsaal oder Pflegeeinrichtung – überall kann es zu kritischen Ereignissen kommen. Ebenso gesucht werden positive Fallberichte. Die Meldungen werden strukturiert erfasst und vor der Veröffentlichung anonymisiert und de-identifiziert. Ziel ist es, aus den Erfahrungen der Versicherten zu lernen und die Patientensicherheit zu verbessern. Vom Arbeitgeberverband Pflege (AGVP) kommt Kritik.

Seit dem 15. September ist „Mehr Patientensicherheit“ online – für den Patientenbeauftragten der Bundesregierung, Stefan Schwartze, ein „historisches Ereignis“ in der Geschichte der Patientensicherheit. Auf der Pressekonferenz in Berlin zum Start betonte er, dass ein Fehlermeldesytem für Versicherte schon lange von Patientenorganisationen gefordert worden sei. „Zu Recht“, ergänzte Schwartze. Solche sogenannten „Critical Incident Reporting Systems“ (CIRS) sind zwar im hiesigen Kliniksektor etabliert und inzwischen auch gesetzlich verpflichtend, geöffnet sind sie jedoch bislang nur für Gesundheitspersonal. Dabei seien Patientinnen und Patienten in der Regel „die einzigen, die den kompletten Behandlungsprozess erleben“, so vdek-Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner. „Sie können diesen Prozess daher auch besonders gut beurteilen.“

Lernen statt anklagen

Zweck des Portals sei es nicht, „Einzelfälle zu verfolgen“, stellte Dr. med. Marcus Rall, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Patientensicherheit, klar, der das System im Auftrag der Ersatzkassen entwickelt hat. Das sei auch gar nicht möglich: Bei „Mehr Patientensicherheit“ eingehende Meldungen würden sowohl anonymisiert als auch de-identifiziert, danach werde der Original-Datensatz gelöscht. Auch Stefan Schwartze unterstrich, dass das Portal kein Ersatz für individuelle Beschwerden bei Kassenärztlicher Vereinigung (KV) oder Krankenkasse sei. Es gehe vielmehr darum, „an bestimmten Beispielen Rückschlüsse auf das System zu ziehen, damit dieses ingesamt sicherer für die Patientinnen und Patienten wird.“

Erkenntnisse in die Breite tragen

Analysen und Handlungsempfehlungen ergänzen die Fallberichts-Datenbank von „Mehr Patientensicherheit“. Ein wichtiger Baustein aus Sicht von Marcus Rall sind dabei die „Tipps für Versicherte“, aus den Fallberichten abgeleitete Checklisten etwa zur Kommunikation mit medizinischem Personal. Eine Weiterleitung der Analysen auch an Stakeholder aus Gesundheitspolitik und Versorgung ist ausdrücklich vorgesehen. Perspektivisch könne dies laut Ulrike Elsner neben dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und der Bundesärztekammer ebenso die neue Stiftung Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) sein. Letzteres bejahte auch Schwartze, der den Adressatenkreis jedoch noch weiter zog: Im wachsenden Datenschatz auf „Mehr Patientensicherheit“ werde sicherlich vieles dabei sein, „aus dem das gesamte Gesundheitssystem lernen kann.“

Der Arbeitgeberverband Pflege (AGVP) kritisiert indes die Prioritätensetzung der Pflegekassen. Anstatt sich ihrem gesetzlichen Auftrag der Sicherstellung pflegerischer Versorgung zu stellen, sammelten Kassen Berichte über Fehler anderer. AGVP-Präsident Thomas Greiner erklärt: „Man sieht den Splitter im Auge des anderen, aber den Balken im eigenen, den sieht man nicht. Dieses biblische Sprichwort beschreibt leider treffend die Fehlerkultur bei den Kranken- und Pflegekassen. Sie verweigern beharrlich eine auskömmliche Finanzierung unserer Altenpflege, zeigen aber fleißig mit dem Finger auf andere. Ehrliche Bestandsaufnahme, selbstkritische Analyse der Kassen? Fehlanzeige! Wir fordern die Pflegekassen auf, nicht länger von der Versorgungskrise in der Altenpflege abzulenken und endlich einen ‚Notruf Pflegelücke‘ einzurichten.“