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AKdÄ: Beträchtlicher Zusatznutzen für Simeprevir

07.10.2014 12:27
Das IQWiG war in seiner Bewertung zu Simeprevir (Handelsname „Olysio“) bei Hepatitis C eher zurückhaltend, in dem es einen Zusatznutzen nur bei bestimmten Patienten anerkennen wollte. Die AkdÄ dagegen sieht insgesamt einen beträchtlichen Zusatznutzen für Simeprevir. So unterschiedlich können Einschätzungen auf Basis des selben Informationsmaterials sein, auf deren Basis nun der G-BA im November einen Beschluss fassen muss.

Laut IQWiG liefert das von Janssen-Cilag am 1. Juni dieses Jahres vorgelegte Herstellerdossier „Hinweise auf und Anhaltspunkte für einen Zusatznutzen“ von Simeprevir, wenn – so schränkt das Kölner Institut ein - „die Patientinnen und Patienten mit einer Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) vom Genotyp 1 zuvor unbehandelt waren oder nach zunächst erfolgreicher Therapie einen Rückfall hatten“. Das Ausmaß des Zusatznutzens lasse sich aber nicht einstufen. Bei Erwachsenen mit einer HCV-Infektion vom Genotyp 1, bei denen eine frühere Behandlung keine Wirkung hatte (Nonresponder), sieht das IQWiG dagegen einen Hinweis auf einen erheblichen Zusatznutzen. Für zwei weitere Indikationen würden verwertbare Daten fehlen, weshalb ein Zusatznutzen nicht belegt sei.

Streitpunkt: SVR

Die unterschiedlichen Bewertungs-Ergebnisse lassen sich im Endergebnis auf eine recht divergente Ansicht des sogenannten Sustained Virological Response, kurz SVR, zurückführen, auch wenn sich hier das IQWiG im Gegensatz zu ersten Bewertungen zu Telaprevir und Boceprevir, in denen der SVR eine Rolle spielte,  schon ein wenig bewegt hat. Für das Kölner Institut ist das „dauerhafte virologische Ansprechen“ (SVR) per se zwar immer noch kein patientenrelevanter Endpunkt und daher auch nicht mit „Heilung“ gleichzusetzen. Das IQWiG vertritt hier die reine Lehre: Denn Studien, in denen SVR als Surrogatendpunkt nach den üblichen Kriterien des IQWiG abgesichert wurde, gibt es einfach nicht. Dennoch akzeptiert das Institut inzwischen den SVR „als Ersatzkennzeichen für das verminderte Auftreten von Leberkrebs“. Denn Patientinnen und Patienten, bei denen das Hepatitis-C-Virus nicht mehr nachweisbar ist, hätten nach derzeitigem Stand des Wissens ein geringeres Risiko für Leberkrebs.  Allerdings sei eben nicht geklärt, bei wie vielen Betroffenen Simeprevir tatsächlich Leberkrebs verhindern kann. So bleibt für das Institut unklar, ob ein Zusatznutzen als gering, beträchtlich oder erheblich einzustufen ist, was das IQWiG gemäß Rechtsverordnung so übersetzt: Der Zusatznutzen ist "nicht quantifizierbar"

AKdÄ: Direkter patientenrelevanter Nutzen

Anders dagegen die AkdÄ. Für die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (ebenso wie alle Fachgesellschaften, die in ihren Indikationen mit dem recht seltenen SVR zu tun haben) bedeutet der Erreichen einer SVR für Patienten mit chronischen Hepatitis C (CHC) einen direkten therapeutischen Nutzen durch die dauerhafte Beendigung der Virusreplikation und Infektiosität. Ebenso beende das Erreichen einer SVR laut Meiung der AkdÄ die Einschränkungen des Soziallebens, einschließlich des Sexuallebens welche aus der Infektiosität der Hepatitis C resultieren , ebenso die psychische Belastung Erkrankter, welche aus dem Wissen um mögliche lebensverkürzende Folgen der Erkrankung resultiere. Darum bewirkt für die Arzneimittelkommission das Erreichen einer SVR „einen direkten patientenrelevanten Nutzen“. ,,Nun bemängelt das IQWiG, dass es keine Studien gäbe, die den SVR als Surrogatendpunkt nach den üblichen Kriterien des IQWiG absichern würde. Dem hält die AddÄ entgegen, dass die „grundsätzlich wünschenswerte Validierung“ von SVR als Surrogatparameter für die Folgen der CHC durch prospektive randomisierte, kontrollierte Studien (RCT) nicht durchführbar sei. Es sei ethisch nicht vertretbar, aus methodisch-wissenschaftlichen Gründen Patienten die Beendigung der schwerwiegenden Infektionskrankheit und die Beseitigung der mit dieser unmittelbar verbundenen Symptome der Erkrankung vorzuenthalten, nur um SVR als Surrogatparameter zu validieren. Auch würden Patienten RCT nicht akzeptieren, wenn dies den Verzicht auf das Erreichen einer SVR implizierte.

Es gibt Evidenz

So bleiben für die AKdÄ prospektive Kohortenstudien deshalb die bestmögliche Evidenz für die Validierung des Surrogatparameters SVR. Und die gebe es. So würde die Metaanalyse von Singal et al. 2010 die bis Ende 2008 vorliegenden, qualitativ hochwertigen Kohortenstudien zur Validierung von SVR analysieren: Vier prospektive und 22 retrospektive Studien zeigten eine signifikante Reduktion von CHC, Mortalität und Leberzirrhose. Weitere, nach 2008 publizierte Studien von Morgan et al. 2010 (6) und Backus et. al 2011 (7) sowie Innes et al. 2011 (8) und Maruoka et al. 2012 (9) würden diese Ergebnisse bestätigen.