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IGES-Studie zu den Wirkungen des Patientenrechtegesetzes

30.12.2016 16:20
>> Die vom Bundesministerium für Gesundheit – vertreten durch den Patientenbeauftragten der Bundesregierung, Staatssekretär Karl-Josef Laumann – beim IGES-Institut in Auftrag gegebene „Studie zu den Wirkungen des Patientenrechtegesetzes“ hatte zum Ziel, die Wirkungen des Patientenrechtegesetzes rund zweieinhalb Jahre nach Inkrafttreten zu untersuchen.
>> Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass den Patientenrechten von der deutlichen Mehrheit der befragten Patienten und Versicherten ein hoher Stellenwert eingeräumt wird. Auch von Seiten der Verbände wird die Festschreibung von Patientenrechten in einem Gesetz mehrheitlich als grundsätzlich wichtig anerkannt. Die praktische Relevanz des Gesetzes wird im Hinblick auf seinen Regelungsgehalt dagegen eher verhalten gesehen. Vor allem von juristischer Seite wurde wiederholt die Einschätzung vertreten, dass das Gesetz überwiegend lediglich den Stand der Rechtsprechung in Gesetzesform gieße und daher keine eigenständige Regelungskraft entfalten werde.
Diese Einschätzung bezieht sich von den im Rahmen dieser Studie betrachteten Regelungen vor allem auf die Informations- und Aufklärungspflichten. Bei den Regelungen zur Einsichtnahme in die Patientenakte, zur Kostenerstattung bei Fristüberschreitung und zur Unterstützung bei Behandlungsfehlern durch die Kassen wurden im Gesetzgebungsverfahren vom Gesetzgeber jedoch klare (Vollzugs-) Defizite angeführt und dementsprechend die bestehenden Regelungen prominenter dargestellt, präzisiert und teilweise verschärft.
In der Begründung zum Gesetzentwurf (BT-Drs. 17/10488) wurde u. a. als Zielstellung des Patientenrechtegesetzes formuliert, durch mehr Transparenz hinsichtlich ihrer Rechte die Position von Patienten gegenüber Leistungserbringern zu stärken. Die vorliegende Studie kann allerdings  aufgrund von widersprüchlichen Ergebnissen keine eindeutige Aussage dazu treffen, ob dieses Ziel erreicht wurde.
In Teilen wurden durch das Gesetz Unklarheiten bestehender Rechtsprechung beseitigt (etwa im Hinblick auf die Information des Patienten über Behandlungs- fehler). Auf der anderen Seite blieben aber auch wesentliche Unklarheiten – etwa zum Zeitpunkt der Aufklärung oder zur Einwilligungsunfähigkeit – bestehen und einige neue sind hinzugekommen, z. B. im Hinblick auf den Schutz des Verwertungsverbots in zivilrechtlichen Streitfällen bzw. bei haftungsrechtlichen Fragen. Darüber hinaus wurden vielfach Zweifel an einer hinreichenden Rechtsklarheit sowohl im Gesetzgebungsverfahren zum Patientenrechtegesetz als auch im Rahmen der Verbände-/Rechtsexpertenbefragung geäußert.
Diese Zweifel bezogen sich über wiegend auf unbestimmte Rechtsbegriffe. Forderungen  nach einer stärkeren Spezifizierung der Tatbestandsmerkmale scheinen zwar verständlich und sollten in Einzelfällen bei einer Weiterentwicklung des Patientenrechtegesetzes berücksichtigt werden, schreiben die Studienautoren. In anderen Fällen würden diese Forderungen jedoch die Erforderlichkeit des Ermessensspielraums verkennen, der den Normadressaten mit solchen unbestimmten Rechtsbegriffen eingeräumt werde.
Hier müsse gegebenenfalls  die  Rechtsprechung zeigen, inwieweit die vom Bestimmtheitsgebot gezogenen Grenzen überschritten wurden.
Vereinzelt sind, so die Studie weiter,  die untersuchten Normen des Patientenrechtegesetzes auch so formuliert, dass nicht deutlich wird, welche Rechtsfolge aus dem Vorliegen der Tatbestandsmerkmale resultiert. So bedurfte es hinsichtlich der Frage, ob
§ 13 Abs. 3 a SGB V lediglich einen Kostenerstattungsanspruch konstituiert, oder – über den Wortlaut der Vorschrift hinausgehend – auch einen unmittelbaren Leistungsanspruch, erst einer klärenden Rechtsprechung durch das Bundessozialgericht. Weiterhin sei es nicht gelungen, die patientenrechtlichen Regelungen umfassend in einem Gesetz zu kodifizieren. So finde sich etwa die Frist für eine Untätigkeitsklage bei verzögerter Bescheidung eines Widerspruches gegen die Ablehnung eines Leistungsantrags durch die Krankenkassen nicht etwa im § 13 Abs. 3a SGB V, sondern – sachgerecht, aber für Patienten wenig transparent – in § 88 Abs. 2 SGG.
Diese insgesamt ambivalente Bewertung des Beitrags des Patientenrechtegesetzes zur Erhöhung der Transparenz der Patientenrechte wird nach Meinung der Studienautoren auch durch das uneinheitliche Meinungsbild der Versicherten und Patienten zu dieser Fragestellung gestützt. <<

Ausgabe 04 / 2016