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Akut- und Notfallmedizin: DIVI und DGF definieren Handlungsfelder der Pflegenden

22.05.2024 13:00
Wer im Team was genau kann und deshalb darf – in der klinischen Akut- und Notfallmedizin ist dies bis heute nicht klar definiert. Vor allem im Bereich der Fachpflegenden sind die Kompetenzen trotz Studienabschlüssen und praktischer Ausbildungszeiten derzeit nicht bundeseinheitlich definiert und festgelegt. Zeit, dies zu ändern, meinen die Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und die Deutsche Gesellschaft für Fachkrankenpflege und Funktionsdienste (DGF) und haben explizite Interprofessionelle Handlungsfelder der Pflegefachpersonen in der Klinischen Akut- und Notfallmedizin definiert und veröffentlicht.

„Denn wir sind der klaren Meinung, dass die zusatzweitergebildete Pflegekraft beispielsweise eine Ersteinschätzung durchaus treffen darf! Das muss nicht zwingend ein Arzt machen“, erklären beide Fachgesellschaften. Und in schwierigen Fällen berate man sich als Team.

Diese Töne ließen in der Medizin immer noch aufhorchen. Vertreter der Pflege und der Ärzteschaft sind einer Meinung? Tatsächlich! „Gerade in der Notfallmedizin bewegen wir uns in einem Bereich, in dem zu jeder Zeit Ärzte und Pflegekräfte gemeinsam für den Patienten verantwortlich sind“, betont DIVI-Präsident Prof. Felix Walcher, Direktor der Klinik für Unfallchirurgie des Universitätsklinikums Magdeburg. „Wir haben bereits aus der DIVI heraus vor zehn Jahren das Aktionsbündnis Notfallpflege gegründet, um die Protagonisten der Notfallpflege zusammenzubringen.“

Die Handlungsempfehlungen seien ein Ergebnis der jahrelangen Bemühungen und der guten Zusammenarbeit. „Und es ist ein weiterer wichtiger Punkt auf der Agenda der stärkeren interprofessionellen Zusammenarbeit in der Akut- und Notfallmedizin – und für mich eine echte Herzensangelegenheit!“, betont Walcher. Abschlüsse und erlerntes Wissen stehen in den Handlungsempfehlungen in einem klaren Kontext.

Zwölf Seiten, acht Kernaussagen und eine Matrix

Es habe tatsächlich kaum Punkte gegeben, bei denen man lange diskutiert habe, bestätigen der federführende Autor, Professor Christian Waydhas, Mitglied des DIVI-Präsidiums sowie Intensivmediziner und Chirurg im Leitungsteam der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie am Universitätsklinikum Essen wie auch der DGF-Vorsitzende Dominik Zergiebel, Leiter der Aus-, Fort- und Weiterbildung Pflege und OP im Universitätsklinikum Münster. „Es war ein Austausch von Informationen auf Sachebene. Wir sind immer schnell zu einem Konsens gekommen.“ Es gehe schließlich allen um die noch sicherere und hochqualitative Patientenversorgung.

Zwölf Seiten, übersichtlich strukturiert, mit acht Kernaussagen und einer Matrix mit konkreten Empfehlungen hat die paritätisch zusammengesetzte Arbeitsgruppe im interdisziplinären und multiprofessionellen Team in nur vier Monaten entwickelt. Die interprofessionellen Handlungsfelder der Pflegefachpersonen in der Akut- und Notfallmedizin folgen dem bewährten Muster der im November 2023 bereits veröffentlichten Interprofessionellen Handlungsfelder in der Intensivmedizin. Prägnant und deutlich wollte man sein – und habe es geschafft.

Der Gamechanger für die Fachpflegenden

Das Paper sei exemplarisch gedacht, erklären Wadyhas und Zergiebel. „Jeder soll die Funktion ausfüllen, für die er kompetent ist – ganz im Sinne des Teamgedankens“, sagt Christian Waydhas. So seien die Kernempfehlungen des Papers am wichtigsten, um aus dem Denken in rein formalisierten Aspekten herauszukommen. „Die Kernaussagen bilden die Grundlage. Und die Matrix steht dann im Kontext dieser.“

So habe man auch die Schlussbemerkung bewusst sehr weich und sehr breit formuliert, macht Dominik Zergiebel neugierig auf die Lektüre. „Grundsätzlich“, so der DGF-Vorsitzende, „ist das Paper ein echter Gamechanger! Die Relevanz und Besonderheit der Fachweiterbildungen als Qualifizierung von examinierten Pflegefachpersonen, mit der Verbindung praktischer und theoretischer Lerninhalte, für diese besonders komplexen Bereiche muss durch die Politik für eine hochqualitative Patienten-Versorgung gesehen und berücksichtigt werden. Ganz im Sinne der Stärkung der Fachpflegenden!“

Definition der Handlungsfelder auch Handreichung für die Politik

DIVI und DGF haben damit auch den Blick auf aktuelle Gesetzesvorhaben der Bundesregierung gerichtet. „Wer derzeit am Pflegekompetenzgesetz schreibt oder dem Gesetz für die Advanced Practice Nurses (APNs), der sollte unbedingt unser Paper studieren“, fordert Zergiebel auf. Beide Fachgesellschaften repräsentierten allerdings insbesondere die Intensiv- und Notfallpflege, betonen er wie auch Christian Waydhas. „Wir können in diesem Zusammenhang nur für die speziellen Bereiche der klinischen Notfallmedizin und der Intensivmedizin und den dort tätigen Pflegefachpersonen mit spezieller Zusatzweiterbildung sprechen. Und nicht für den ambulanten und sonstigen stationären Bereich.“ Solche fachweitergebildeten Pflegenden hätten eine Aus- und Weiterbildung von mindestens fünf Jahren durchlaufen. Bei den APNs mit Master seien es sogar mehr als neun Jahre.

Entsprechend haben beide Fachgesellschaften auch Vertreter aus der Politik für Mitte Juni zum dann dritten Pflegegipfel in die Geschäftsstelle der DIVI eingeladen. Am runden Tisch möchte man die derzeitigen Pläne, Forderungen, Vorhaben, Möglichkeiten und Abläufe für die Zukunft der Intensiv- und Notfallpflege diskutieren, wie auch Raum für Fragen und Wissenstransfer geben.

Blaupausen als Lösungen für die derzeitigen Fragen des Gesundheitssystems

Die Agenda ist für DIVI-Präsident Felix Walcher glasklar gesetzt: Fachgesellschaften wie DIVI und DGF, in denen man sich einerseits auf die Intensiv- und Notfallversorgung fokussiere und in denen andererseits Pflegefachkräfte, Pflegewissenschaftler, Ärzte und andere intensiv- und notfallmedizinisch aktive Fachberufe zusammengeschlossen sind, seien prädestiniert, gemeinsame Lösungen für die anstehenden Fragen im Gesundheitssystem zu entwickeln. „Wir werden nicht warten, dass es andere für uns tun. Wir wissen, dass wir Schritt für Schritt ans Ziel kommen werden – weil wir es müssen!“