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Politik: Rückenwind für die Pflege

03.12.2018 13:52
Zentrale Akteure der gesundheits- und pflegepolitischen Landschaft waren der Einladung von spectrumK in das Westhafen Event und Congress Center in Berlin gefolgt und nutzten die Berliner Pflegekonferenz als interdisziplinäre Dialogplatt- form, um den Status quo wie auch Perspektiven der Profession zu beleuchten und zu diskutieren. Familienministerin Dr. Franziska Giffey warb als Mitinitiatorin der „Konzertierten Aktion Pflege“ besonders für gute Arbeitsbedingungen zur Attraktivitätssteigerung. Wie Unterstützung aus dem Ausland wirken kann, stellte Ministerialdirektor Harald Kuhne vor.

>> Allen voran war Dr. Franziska Giffey, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, als Mitinitiatorin der „Konzertierten Aktion Pflege“ prominenter Gast der Konferenz und begeisterte das Auditorium mit einem leidenschaftlichen Plädoyer für die Vorhaben der „Konzertierten Aktion Pflege“, die sie gemeinsam mit Arbeitsminister Hubertus Heil und Gesundheitsminister Jens Spahn im Juli dieses Jahres auf den Weg gebracht hat. „Wir wollen uns mehr um die Kümmerer kümmern und die sozialen Berufe aufwerten: bessere Arbeitsbedingungen, bessere Ausbildungsbedingungen und eine bessere Bezahlung. Dann wird auch der Pflegeberuf attraktiver“, gab die Ministerin die Marschrichtung vor. Ihre im Rahmen der Vorstellung zur Konzertierten Aktion aufgestellte Forderung „Pflege muss wieder cool werden“, die ihr viel Gegenwind eingebracht habe, verteidigte die Ministerin im Hinblick auf eine notwendige Attraktivitätssteigerung der Profession Pflege.

„Mit der ,Konzertierten Aktion Pflege‘ wollen wir erreichen, dass sich mehr Menschen für den Pflegeberuf begeistern.“ Voraussetzung hierfür sei „ein Beruf, mit dem Menschen für sich und ihre Familie gut sorgen können, in dem die Arbeitsbedingungen gut sind und nicht noch Schulgeld mitgebracht werden muss, wenn jemand in die Ausbildung startet.“, erklärte Giffey. Ein besonderes Anliegen war es ihr, den Fokus auf die pflegenden Angehö- rigen zu lenken und hier besonders auch die Kinder und Jugendlichen in den Blick zu nehmen. Dieses müssten vor Überlastung und Selbstausbeutung geschützt werden. „Für sie haben wir das Projekt ‚Pausentaste‘ gestartet“, definierte Giffey die Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche, die dort online oder telefonisch Rat und Unterstützung erfahren können.

Rheinland-Pfalz als nationales Partnerland

Das Bundesland, das die erste Pflegekammer in Deutschland installiert hat, war in diesem Jahr das nationale Partnerland der Berliner Pflegekonferenz. Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Ministerin für Soziales, Arbeit und Demografie stellte die Rahmenbedingungen vor, unter denen Rheinland-Pfalz eine flächendeckende pflegerische Versorgung gewährleisten will. Es war ihr wichtig zu betonen, dass vor dem Hintergrund der stetig steigenden Zahlen an Senioren ein Gesamtkonzept vonnöten sei und Einzelmaßnahmen nicht zielführend. „Gegen so einen Megatrend kommt man mit ,Klein-Klein‘ nicht weiter“, betonte sie und verwies auf die Pflegestrategie, die ihrerseits Bestandteil der Demografiestrategie des Bundeslandes ist. In den Jahren 2012 bis 2015 wurde in RLP eine Fachkraft- und Qualifizierungsoffensive Pflege initiiert, bei der zum einen die Steigerung der Ausbildungszahlen und zum anderen die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege auf der Agenda standen. Und die Maßnahmen hatten Erfolg, bilanzierte die Ministerin und verwies auf die Zusammenarbeit vieler Akteure, die diesen erst möglich gemacht hatten.

Die Fortsetzung des Programms werde mit der „Initiative 2.0“, die eine geplante Laufzeit von vier Jahren habe, Ende 2018 unterzeichnet. Bätzing-Lichtenthäler sprach sich außerdem für die Generalistik aus, die eine moderne Ausbildung mit breiter Qualifizierung ermögliche und verwies auf die zwingende Notwendigkeit, Präventionsstrategien zu entwickeln. Hierzu sei im Jahr 2016 eine Landesrahmenvereinbarung mit einigen Akteuren geschlossen worden, die im ständigen Austausch stünden. Aus der Praxis brachte Bätzing-Lichtenthäler unter anderem das Projekt der bisher zu 100 Prozent von der Landesregierung finanzierten „Gemeindeschwester Plus“ mit, das durch Hausbesuche bei hochbetagten Menschen diese im Alltag unterstützt, damit sie so lange wie möglich selbstständig in den eigenen vier Wänden verbleiben können. Das Projekt soll fortgesetzt und ausgedehnt werden, allerdings sei die langfristige Finanzierung noch unklar.

Mit dem durch das Land Rheinland-Pfalz geförderten Projekt „STuDI“ schlug die Ministerin den Bogen zur Digitalisierung. Hauptziele des Projektes sind die Erprobung einer Smart Home-basierten und zielgruppenorientiert erweiterten Technikplattform in Verbin- dung mit präventiv, soziotechnisch und sozialräumlich ausgerichteten Beratungsdienstleistungen zur Unterstützung eines unabhängigen Lebens auch im höheren Alter in der eigenen Häuslichkeit sowie die Ent- wicklung eines tragfähigen Systems für die leistungsrechtliche Regelversorgung bzw. für ein entsprechendes Geschäftsmodell. Staatssekretär und Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung Andreas Westerfellhaus (siehe Titelinterview S. 6) zeigte sich beunruhigt von der Dimension des Fachkräftemangels – „in allen Sektoren“. Entscheidender Schlüssel seien die Veränderungen der Arbeits- bedingungen. „Und ich brauche die Unterstützung der beruflich Pflegenden. Politik alleine kann die Lösungen nicht finden“, forderte Westerfellhaus. <<

Ausgabe 04 / 2018