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„Pflege im Jahr 2030 – Da wollen wir hin!“

02.04.2019 11:25
Die Hartwig-Hesse-Stiftung hatte gerufen, Staatssekretär Andreas Westerfellhaus kam. Die Wohnen, Betreuung und Pflege im Alter bietende Hamburger Institution diskutierte am 27. Februar im Quartier der Stiftung über Ausbildung, Attraktraktivität, Finanzierung oder das Sozialversicherungssystem – kurzum über die Herausforderungen in der Pflegebranche. Die Impulse für tragfähige Reformen sollen in einem Positionspapier „Pflege im Jahr 2030“ festgehalten werden.

>> „Was beschäftigt Sie am meisten, wenn Sie an die Altenpflege im Jahr 2030 denken?“, lautete die Eingangsfrage der Moderatorin Verena Meier, Marketing & Kommunikation Hartwig-Hesse-Stiftung. Für Westerfellhaus eine klare Sache: „Wie wollen wir eigentlich leben? Mit dem Alter und im Alter?“ – für den Patientenbeauftragten die Kernfrage, auf deren Basis eine gesellschaftliche Diskussion um gute Rahmenbedingungen für die Pflege stattfinden müsse. Als gesamtgesellschaftliche Aufgabe sah auch Annette Teichler, Kuratoriumsvorsitzende der Hartwig-Hesse-Stiftung, die Diskussion um das Thema Pflege. Sie warnte vor einer bisher in dieser Dimension nicht gekannten Altersarmut, aus der eine größere Zahl nicht versicherter Menschen hervorgehen werde. „Da kommt demografisch wie strukturell etwas auf uns zu, was wir so bisher nicht kannten“, so ihre These.

Konkurrenz um Personal

Dass die Ausbildung als ein wesentlicher Faktor im Bezug auf die Zukunftsfestigkeit der Pflege gesehen werden muss, darüber herrschte unter den Diskutanten Einigkeit. Als Geschäftsführer der Stiftung sprach sich Maik Greb für die generalistische Ausbildung aus, wies aber auch darauf hin, dass man in Zukunft davon ausgehen müsse, mit den Krankenhäusern um die Pflegefachkräfte zu konkurrieren. Denn bei dem durch das Pflegeberufegesetz möglichen einheitlichen Abschluss zur „Pflegefachfrau“ beziehungsweise „Pflegefachmann“ bleibe die Frage, wer sich bei gleicher Qualifikation für einen geringer bezahlten Job in der Altenpflege entscheide, wenn er im Krankenhaus mehr verdienen könne. Flächendeckende Tarifverträge könnten laut Greb hier von Vorteil sein. Die Politik ist dabei mit im Boot. Im Koalitionsvertrag der amtierenden Bundesregierung ist die Einführung flächendeckender Tarifverträge festgehalten und die Partner angehalten, dies umzusetzen – bevor die Politik eingreift.

„Qualifizierte Leistung braucht qualifizierte Fachkräfte“, konstatierte Westerfellhaus und wies darauf hin, dass auch das ergänzend zur beruflichen Pflegeausbildung im Rahmen des Pflegeberufegesetzes einzuführende Pflegestudium seinen Teil dazu beitragen werde. Eine generalstische Ausbildung mit einheitlichem, gleichwertigem Abschluss könne zu einem größeren Selbstbewusstsein führen. Gerade in der Altenpflege. Auch die Außenwahrnehmung werde mutmaßlich verbessert. Allesamt Kriterien, mit denen es für die Berufsgruppe leichter sein könne eine größere Selbstbestimmtheit an den Tag zu legen.

„Man bildet eine Gruppe aus und lässt sie das Gelernte nicht in der Praxis anwenden“, kritisierte der Staatssekretär im Folgenden. Gerade in ländlichen Regionen eine Ressource, die es auszuschöpfen gelte. In anderen Ländern sei man, was Substitution und Delegation anbelange, bereits weiter. „Ich bin ein Fan von menschenorientierter Pflege. Die Pflegekraft kann und soll selber entscheiden, wann ein Wundverband gewechselt werden muss“, so Westerfellhaus.

Ins Bewusstsein der Gesellschaft

Horrende Kosten für Pflegeplätze kritisierte Christina Oskui, Angehörige und Kinderbuchautorin, und eröffnete damit die Diskussion um eine Reform der sozialen Pflegeversicherung, die von allen Teilnehmern der Runde gefordert wurde. Maik Greb bemerkte an dieser Stelle, dass für das Personal erfreuliche Lohnsteigerungen nach dem derzeitigen System unerfreulicherweise von den Bewohnern stationärer Einrichtungen getragen werden müssten. Die Hamburger Bundesratsinitiative, die einen Dreiklang aus begrenzten und kalkulierbaren Eigenanteilen, paritätischen Beiträgen zur Pflegeversicherung und einem dynamisierten Steuerzuschuss vorsieht, wurde von Greb begrüßt. Eine Dame aus dem Publikum sprach sich im Zuge dessen für eine Zusammenlegung von Kranken- und Pflegeversicherung aus. Damit könne man beispielsweise auch das Problem nicht refinanzierter Behandlungspflege hinter sich lassen.

„Wenn wir eine Gesamtlösung wollen, dann müssen wir zu einem anderen Lösungsansatz kommen. Aber Ideen in die Politik zu bringen, ist schwieriger, als ich anfangs gedacht habe. Sie brauchen Mehrheiten“, erklärte der Staatssekretär und verwies an dieser Stelle auf die Gesellschaft, deren Bewusstsein für das Thema Pflege gestärkt werden müsse und aus deren Interesse und Engagement heraus Lösungen getragen werden könnten. <<

Ausgabe 01 / 2019