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Quo vadis Personalbemessung?

07.10.2019 16:25
Auch die zweite Verhandlungrunde von GKV-Spitzenverband und Deutscher Krankenhausgesellschaft (DKG) zur Vereinbarung von Pflegepersonal­un­ter­­­grenzen im Krankenhaus verlief ergebnislos, sodass das Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter­ium (BMG) eine Ersatzvornahme vorgelegt hat und in vier weiteren Bereichen die Untergrenzen selbst festlegen will. Erste Zwischenergebnisse des Krankenhaus Barometers 2019 des Deutschen Krankenhausinstitutes (DKI) analysiert die DKG und zeigt sich aufgrund der Ergebnisse alarmiert: Um die Pflegepersonaluntergrenzen zu erfüllen, mussten 37 Prozent aller Klinikenbetten auf Intensivstationen schließen. Auch auf den pflegesensitiven Allgemeinstationen mussten 23 Prozent der Kliniken Bettensperrungen vornehmen. 29 Prozent mussten ganze Bereiche zeitweise von der Notfallversorgung bei der Leitstelle des Rettungsdienstes abmelden. Dies geht aus einer repräsentativen Umfrage des Deutschen Krankenhausinstitutes (DKI) hervor.

>> „Diese Zahlen sind ein alarmierendes Zeichen, dass die Pflegepersonaluntergrenzen zu Einschränkungen bei der Versorgung führen. Dies gilt besonders hinsichtlich der flächendeckenden Notfallversorgung der Bevölkerung mit Hochleistungsmedizin und für die Intensivstationen. Hinzu kommt, dass weitere sechs Prozent der Kliniken bei Intensivbetten Schließungen planen. Wenn nun noch weitere Bereiche mit Untergrenzen arbeiten müssen und die Untergrenzen bei Intensivstationen, wie von den Krankenkassen gefordert, noch weiter verschärft werden, kann das nicht mehr steuerbare Auswirkungen haben. Deshalb fordern wir das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) auf, den Umstieg auf ein Pflegepersonalbedarfsbemessungsinstrument jetzt einzuleiten, statt auch noch die Intensivstationen für Schlaganfälle zu Abmeldungen wegen hochfraglichen abgeleiteten Personalquoten zu zwingen“, erklärte der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Dr. Gerald Gaß, in einer Stellungnahme.

Demzufolge wirkten sich die Pflegepersonaluntergrenzen auch auf die Attraktivität der Pflegeberufe negativ aus: Krankenhäuser müssten die Personalbesetzung auf den Stationen jetzt tagesaktuell nach Patientenzahlen steuern. Das führe in 53 Prozent der Krankenhäuser zu kurzfristigen Änderungen von Dienstplänen und in einem Drittel der Kliniken zu Mehrarbeitsstunden und vermehrten Abrufen aus der freien Zeit.

Dass die Vorgaben zu Pflegepersonaluntergrenzen das Problem der Pflege nicht lösen könnten, zeige sich darin, dass heute bereits 65 bis 70 Prozent aller Krankenhäuser Probleme bei der Besetzung freier Stellen in den pflegesensitiven Bereichenhätten. In der Pflege herrsche Vollbeschäftigung, es stünden auf dem Stellenmarkt nicht genügend Pflegekräfte zur Verfügung. Nur durch die Gewinnung zusätzlicher neuer Pflegekräfte und die Aufstockung von Teilzeit-Pflegestellen könne dieses Problem gelöst werden.

Dies setze voraus, dass der Pflegeberuf für Berufsanfänger und für Rückkehrer attraktiver und mit dem Privatleben besser vereinbar werde. „Die Pflegepersonaluntergrenzen bewirken also genau das Gegenteil dessen, was u. a. mit der ‚Konzertierten Aktion Pflege‘ der Bundesregierung erreicht werden soll: zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf für beruflich Pflegende Arbeitszeit und Dienstpläne gesundheitsgerecht, partizipativ, flexibel und verlässlich zu gestalten, um dadurch eine Steigerung der Attraktivität der Pflegeberufe zu erreichen und mehr Menschen für einen Pflegeberuf zu gewinnen“, so Gaß.

Dieser hatte Ende September ebenso einen Beschluss des Gemeisamen Bundesausschusses (G-BA) zur Mindestpersonalbesetzung in der psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung scharf kritisiert. Die Regelung werde die Versorgung in dem Bereich um 40 Jahre zurückwerfen. „Mit dem kleinteiligen stationsbezogenen Nachweisverfahren verhindert die Mehrheit im G-BA moderne Versorgungskonzepte“, so Gaß und moniert die seiner Ansicht nicht zeitgemäße Zunahme an Dokumentation und Bürokratie.

Die Zwischenergebnisse des Krankenhaus Barometers 2019 zum Thema „Pflegepersonaluntergrenzen“ beruhen auf der schriftlichen Befragung einer repräsentativen Stichprobe von zugelassenen Allgemeinkrankenhäusern ab 100 Betten in Deutschland, welche seit Ende April 2019 durchgeführt wird, wie das DKI mitteilt. Das Krankenhaus Barometer 2019 befindet sich noch in der Auswertungsphase. Bis dato sind die Ergebnisse von rund 200 Krankenhäusern erfasst. Vorbehaltlich der üblichen Fehlertoleranzen könnten die Ergebnisse laut DKI aber als repräsentativ für die Grundgesamtheit gelten. <<

Ausgabe 03 / 2019