Sie sind hier: Startseite News Studie: geringeres Lohnniveau in der Altenpflege

Studie: geringeres Lohnniveau in der Altenpflege

03.04.2019 12:31
Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung zeigt große Unterschiede bei den Verdiensten von Pflegefachkräften auf. Während sich die Verdienste von Fachkräften der Gesundheitspflege in Krankenhäusern im Bereich des mittleren Lohns aller Berufsgruppen in Deutschland (rund 3.200 Euro brutto im Monat für eine Vollzeitstelle) bewegten, kamen Fachkräfte in der Altenpflege 2017 im Mittel auf lediglich rund 2.740 Euro brutto für eine Vollzeitstelle. Das entspreche nur etwa 85 Prozent des mittleren Verdienstes für alle Berufe.

Hilfskräfte in der Altenpflege verdienen den Untersuchungsergebnissen zufolge in Vollzeit im Mittel lediglich rund 1.940 Euro pro Monat – knapp 61 Prozent des Medianverdiensts aller Vollzeitbeschäftigten. Zu diesen Ergebnissen kommt die von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie "Zwischen Aufwertung,
Abwertung und Polarisierung. Chancen der Tarif- und Lohnpolitik für eine arbeitspolitische ,High-Road-Strategie' in der Altenpflege" des Instituts Arbeit und Technik (IAT) an der Hochschule Gelsenkirchen.

Die Studienautorinnen Michaela Evans und Christine Ludwig haben die repräsentative Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit für die Jahre 2017 und 2012 ausgewertet. Besonderes Augenmerk legen sie neben dem Verdienstniveau auf die Entwicklung und die Verteilung der Verdienste. Dabei wird deutlich, dass die Entgelte von Altenpflegekräften sehr stark nach Beruf, Region und Art der Pflegeeinrichtung differieren. So verdienen Altenpflegekräfte, die in Krankenhäusern arbeiten, deutlich besser als in Senioreneinrichtungen oder der ambulanten Pflege – auch, weil in Kliniken häufiger ein Tarifvertrag gelte. Besonders niedrig ist die Bezahlung im Bereich der ambulanten Altenpflege, wo besonders selten nach Tarif gezahlt wird.

Die Auswertung erlaube auch einen Blick auf die unteren 20 Prozent der Verdienste in den verschiedenen Pflegetätigkeiten. Hier lägen beispielsweise die Einkommen der Altenpflegehelfer und -helferinnen in der ambulanten Pflege für eine Vollzeitstelle unter 1.560 Euro im Monat und damit im Bereich des Allgemeinen Mindestlohns. „Eine Zahl, die an Brisanz gewinnt, verdeutlicht man sich, dass 67 Prozent der Hilfskräfte in der Altenpflege in Teilzeit arbeiten und deshalb noch einmal niedrigere Einkommen erzielen“, sagt IAT-Expertin Evans.

„Die Beschäftigten im gesellschaftlich enorm wichtigen Tätigkeitsfeld der Altenpflege tragen ein überdurchschnittliches Risiko, trotz Arbeit arm zu sein“, konstatiert Studienautorin Ludwig. „Das ist nicht nur ein Problem für die Betroffenen, sondern es stellt eine schwere Hypothek für die Arbeitskräftesicherung in der Altenpflege dar“ – und damit auch für die gesamte Gesellschaft und die Wirtschaft: „Auch in anderen Branchen leistet die Altenpflege über ihre Dienste einen Beitrag dazu, den Produktionsfaktor ‚Arbeit‘ abzusichern. Denn zunehmend mehr Erwerbstätige sind gleichzeitig pflegende Angehörige“, schreiben die Wissenschaftlerinnen.

Welche Maßnahmen können helfen?

Um eine Abwanderung der Fachkräfte aus der Altenpflege abzubremsen, brauche es nach Analyse der IAT-Expertinnen eine arbeitspolitische „High Road“-Strategie zur Aufwertung der Altenpflege. Teil dieser Strategie müsse es sein, durch flächendeckende tarifliche Mindeststandards faire Wettbewerbsbedingungen herzustellen. Neben Lohn- und Tariffragen müssten aber auch die Personalbemessung, verlässliche Arbeitszeiten, berufliche Qualifizierung oder auch die Einführung digitaler Technik angegangen werden. Die dafür notwendige Datengrundlage könne ein neu einzurichtendes Berichtssystem zur Verdienst- und Personalstrukturentwicklung in der Altenpflege liefern.

Zudem müssten die gesetzlichen Vorgaben für die Refinanzierung von Lohnerhöhungen in der Branche geändert werden. Wenn Pflegerinnen und Pfleger der Altenhilfe besser bezahlt werden, schlägt das bislang direkt auf die Eigenbeiträge der Gepflegten durch, weil die Pflegeversicherung Lohnerhöhungen nicht übernimmt. Durch diesen Mechanismus würden die Löhne in der Altenpflege „faktisch auf relativ niedrigem Niveau ausgebremst“, erklären die Wissenschaftlerinnen.

Das Ziel, die Löhne in der Altenpflege der Bezahlung in der Krankenpflege anzunähern, sei auch deshalb besonders drängend, weil durch die Reform der Ausbildung für Pflegeberufe alle Pflegerinnen und Pfleger zunächst mit einer „generalistischen“ Ausbildung beginnen und sich erst im zweiten Schritt für eine Spezialisierung entscheiden. Pflegerinnen und Pfleger in Spe dürften sich also doppelt fragen, warum sie sich für einen Bereich mit schlechteren Verdienstmöglichkeiten entscheiden sollten.

Rückstand etwas reduziert, aber weiter groß: Im Jahr 2017 betrug der Bruttomedianverdienst über alle Berufe und Tätigkeiten in Deutschland hinweg 3.209 Euro monatlich für eine Vollzeitbeschäftigung. Die mittleren Verdienste von Vollzeitkräften in der Altenpflege lagen weitaus niedriger. Für Fachkräfte reichen sie von im Mittel 3.252 Euro in Krankenhäusern über 2.821 Euro in Pflegeheimen bis zu 2.471 Euro in der ambulanten Pflege, wobei ein Fünftel der Fachkräfte in der ambulanten Pflege in Vollzeit sogar weniger als 2000 Euro brutto verdient (siehe auch Tabelle 1 auf den Seiten 34 bis 35 der Studie). Bei Helferinnen und Helfern liegen die mittleren Vollzeit-Bruttolöhne zwischen 1.986 Euro in Alten- und 1.983 Euro in Pflegeheimen sowie 1.836 Euro in der ambulanten Pflege, wobei hier das schlechtest bezahlte Fünftel maximal 1.560 Euro verdient.

Zwar seien die Löhne in der Altenpflege zwischen 2012 und 2017 etwas stärker gestiegen als im Mittel aller Berufsgruppen. Die Altenpflegeberufe hätten im Vergleich zum Gesamtmedian trotzdem nur moderat aufgeholt und lägen – Fach- und Hilfskräfte zusammengenommen – weiter unter 80 Prozent. Dagegen lagen Fachkräfte in der Krankenpflege mit einem mittleren Vollzeit-Einkommen von 3.337 Euro etwas über dem Mittelwert für alle Berufe und Tätigkeiten. Hilfskräfte in der Krankenpflege erreichten mit im Mittel 2.502 Euro 78 Prozent des allgemeinen Medians.