Sie sind hier: Startseite News Chronische Hepatitis C

Chronische Hepatitis C

11.11.2010 17:30
Phase III Studien zeigen: Telaprevir-basierte Kombinationsbehandlung effektiver als Standardtherapie

Therapienaive Patienten mit chronischer Hepatitis C des Virus-Genotyps 1, die zusätzlich zur Standardtherapie acht oder zwölf Wochen lang den experimentellen Proteasehemmer Telaprevir erhielten, erzielten wesentlich häufiger einen anhaltendes virologisches Therapieansprechen als Patienten unter alleiniger Standardtherapie. Bei Patienten, die früh auf die Therapie ansprachen, konnte zudem die Gesamt-Behandlungsdauer halbiert werden, ohne dass der Therapieerfolg leidet. Das sind die Ergebnisse zweier Phase-III-Studien, die kürzlich im Rahmen des 61. Jahrestreffens der Amerikanischen Gesellschaft zum Studium von Lebererkrankungen (AASLD) in Boston vorgestellt wurden. Vieles spricht dafür, dass sich die Behandlungsoptionen für Patienten mit HCV-Infektion in naher Zukunft merklich verbessern werden.

Rund 170 Millionen Menschen sind weltweit chronisch mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) infiziert.(1,2) In Deutschland sind etwa 500.000 Menschen betroffen.(3) Die chronische Infektion führt häufig zu Leberzirrhosen oder hepatozellulärem Karzinom (4)und ist der häufigste Grund für Lebertransplantationen. Da keine Impfung zur Verfügung steht, kommt medikamentösen Therapieansätzen, die zu einer Viruselimination führen, ein bedeutender Stellenwert zu.

Die Standardtherapie der Hepatitis C besteht aus einer Kombination von pegyliertem Interferon und Ribavirin. Mit dieser Behandlung, die 48 Wochen dauert, kann allerdings höchstens jeder zweite Patient mit der besonders häufigen chronischen HCV-Infektion vom Genotyp 1 dauerhaft von seiner Viruslast befreit und somit geheilt werden. Es besteht daher die dringende Notwendigkeit, optimierte Behandlungsregime zu entwickeln, die zu höheren Heilungsraten führen und die Patienten damit auch besser vor HCV-bedingten Folgerkrankungen schützen. Anlässlich der AASLD-Jahrestagung in Boston wurden Studiendaten von den zwei noch nicht zugelassenen Proteasehemmern Telaprevir und Boceprevir vorgestellt. Die Ergebnisse legen nahe, dass die Dreierkombination aus pegyliertem Interferon, Ribavirin und Proteasehemmer eine optimierte Therapieoption darstellen kann.

ADVANCE-Studie: Ansprechraten im Vergleich zur Standardtherapie

Die Ergebnisse der plazebokontrollierten, doppelblinden Phase-III-Studie ADVANCE zu Telaprevir zeigten, dass die acht- oder zwölfwöchige Gabe des Proteasehemmers zusätzlich zur Standardtherapie der reinen Standarddtherapie überlegen ist. Im Rahmen der Studie wurden 1088 nicht vorbehandelte Patienten mit chronischer Hepatitis C (Genotyp 1) in drei Gruppen randomisiert. Eine Gruppe (T8PR; n = 364) erhielt acht Wochen lang die Standardtherapie (einmal wöchentlich 180 mg pegyliertes Interferon alfa-2a als Injektion und einmal täglich 1000 oder 1200 mg orales Ribavirin) plus orales Telaprevir (750 mg, alle acht Stunden), gefolgt von Standardtherapie bis zu einer Gesamtbehandlungszeit von 48 Wochen. Die zweite Gruppe (T12PR; n = 363) bekam die gleiche Medikation, doch wurde das Telaprevir-basierte Behandlungsregime zwölf Wochen lang fortgeführt. Die dritte Gruppe (PR48) erhielt ausschließlich 48 Wochen lang die Standardtherapie. Primärer Endpunkt der Studie war das Fehlen nachweisbarer Viruspartikel im Blut der Patienten zum Behandlungsende und sechs Monate danach. Diese "sustained virologic response" (SVR) wird gemeinhin mit einer Ausheilung der Erkrankung gleichgesetzt.

Ergebnis: Die Patientengruppen, die acht oder zwölf Wochen das Telaprevir-basierte Behandlungsschema erhalten hatten, erzielten signifikant häufiger eine SVR als die Patienten, die ausschließlich den Therapiestandard bekamen (75 bzw. 69 Prozent versus 44 Prozent). Vergleichbar hohe Ansprechraten waren bislang bei chronischer HCV vom Genotyp 1 nicht erreichbar. Prof. Ira Jacobson von der Abteilung Gastroenterologie und Hepatologie des Weill Cornell Medical College New York sprach in Boston anlässlich der Datenlage von einer wichtigen neuen Therapiemöglichkeit, die die zukünftige Versorgung von Hepatitis C deutlich verbessern kann.

ILLUMINATE-Studie: Behandlungszeit bei Frührespondern


Das Telaprevir-basierte Behandlungsregime erhöhte nicht nur die Ausheilungsraten der chronischen Hepatitis C, sondern vermochte auch die Behandlungszeit für die Mehrzahl der Patienten deutlich zu verkürzen. Das zeigen die aktuellen Daten der ILLUMINATE-Studie. In dieser offenen, randomisierten Phase-III-Studie erhielten 540 therapienaive Patienten die zwölfwöchige Kombinationsbehandlung aus Telaprevir, pegyliertem Interferon und Ribavirin, gefolgt von der alleinigen Standardtherapie. Diejenigen Patienten, bei denen nach Abschluss der Dreier-Kombinationsbehandlung bereits kein Virus im Blut mehr nachweisbar war, wurden identifiziert (n = 352). 322 von ihnen wurden randomisiert zwei Gruppen zugeteilt: Eine erhielt eine Behandlung von insgesamt 24 Wochen Dauer, die andere von 48 Wochen. Das Ergebnis: Der Anteil von Patienten, der sechs Monate nach Behandlungsende virusfrei war (primärer Endpunkt der Studie) unterschied sich in bei den Gruppen kaum (92 versus 88 Prozent). Die Kurztherapie über 24 Wochen war somit der Langtherapie über 48 Wochen nicht unterlegen - was bedeutet, dass für Patienten, die früh auf die Behandlung ansprechen, die Therapiedauer zukünftig halbiert werden könnte.

Insgesamt waren sich die Experten in Boston einig, dass das Telaprevir-basierte Behandlungsregime zukünftig das therapeutische Spektrum bei therapienaiver Hepatitis C in relevanter Weise erweitern wird. Ob Telaprevir auch bei vorbehandelten Patienten, die unter Standardtherapie keine Viruselimination erreichen konnten, wirksam ist, wird derzeit in einer weiteren Studie untersucht.  Der Wirkstoff Telaprevir ist bislang in Deutschland noch nicht zugelassen.

1. WHO: Hepatitis C. 2002. Im Internet unter: http://www.who.int/csr/disease/hepatitis/Hepc.pdf
2. Epidemiologisches Bulletin des Robert-Koch-Instituts; 25. Mai 2010 / Nr. 20
3. Thierfelder W, Hellenbrand W, Meisel H et al.:. Europ J Epidemiol 2001; 17: 429-435
4. Perz JF, Armstrong GL, Farrington LA et al.: J Hepatol 2006;
45(4): 529-538

11. November 2010

abgelegt unter: