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DPR: Von der geplanten Digitalisierung ist Deutschland weit entfernt

03.08.2023 11:02
Am 01.August hat im Bundesgesundheitsministerium die Verbändeanhörung zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz – DigiG) stattgefunden. Mit dabei war der Deutsche Pflegerat e.V. (DPR).

„Von der im Referentenentwurf vorgesehenen Digitalisierung des Gesundheitswesens sind wir nach wie vor weit entfernt", betont DPR-Präsidentin Christine Vogler.

"Die patientenorientierte Digitalisierung muss die maßgeblichen Berufsgruppen des Gesundheitsbereichs umfassen. Hierzu gehören vor allem auch die Profession Pflege und die Hebammen. Diese sind ein nicht zu ersetzender Teil der Gesundheitsversorgung und müssen per Gesetz in alle Prozesse der Digitalisierung einbezogen werden.

Insbesondere in der ambulanten Pflege und bei den Hebammen, bei denen die Akteure zum Teil weit voneinander entfernt die gemeinsame Versorgung sicherstellen, kommt es entscheidend auf die Schnittstellen und damit auf die Interoperationalität der Systeme aller an der Versorgung Beteiligter einschließlich der Kostenträger an. Stand heute ist man hier noch Lichtjahre voneinander entfernt.

Um die Digitalisierung in der Pflege und im Bereich der Hebammen sicherzustellen, ist diese Interoperationalität zwingende Voraussetzung. Hier muss die Telematik-Infrastruktur sichere Lösungen bieten. Auch dies kann nur mit Einbezug aller wesentlichen Berufsgruppen der Gesundheitsfachberufe gelingen."

Der Deutsche Pflegerat fordert Präzisierungen im Referentenentwurf:

1. Wenn man die Digitalisierung ganzheitlich betrachtet und diese auch so will, dann müssen die Profession Pflege und die Hebammen umfassend daran beteiligt werden. Dies gilt u.a. für den Digitalbeirat und für das Kompetenzzentrum für Interoperabilität im Gesundheitswesen.

2. Die Schnittstellen und die Interoperationalität der Systeme müssen einheitlich gestaltet werden. Alle Beteiligten sind dazu aufgerufen. Digitalisierung kann und darf nicht die Abbildung analoger Prozesse auf dem Bildschirm sein.

3. Für Pflegefachpersonen und Hebammen müssen im gleichen Umfang wie für Ärztinnen und Ärzte Videosprechstunden möglich sein. Das hilft, die Versorgung in ländlichen Regionen zu sichern wie auch Beratung und soziale Kontakt zu fördern. Die Telepflege ist gesetzlich zu implementieren. Hier muss der Referentenentwurf nachgebessert werden.

4. Die digitale Welt mit analogen Rechtsverfahren abzubilden, wird nicht funktionieren. Die überwiegend analogen Rahmenbedingungen wie Gesetze, Richtlinien, Verordnungen und Verträge auf Bundes- und Landesebene müssen für die digitale Anwendungen, Strukturen und Prozesse neu gefasst werden. Verknüpfungen und Automatisierungen aller nötigen Arbeitsschritte müssen im Vordergrund stehen.

5. Der geplante Aufwand für die Bestätigung bzw. die Unterschrift der Versicherten bzw. der Leistungserbringer muss reduziert werden. Alle Beteiligten müssen durch die Digitalisierung spürbar entlastet werden.

6. Die einmaligen und laufenden Kosten für den elektronischen Heilberufeausweis sowie die für dessen Einsatz notwendige Hard- und Software müssen vollständig refinanziert werden. Klargestellt werden muss, ob alle Pflegefachpersonen einen elektronischen Heilberufeausweis besitzen müssen oder ob dieser an Abteilungen, Stationen oder Institutionen gebunden ist. Geregelt werden müssen, welche Konsequenzen an die Besitzer eines solchen geknüpft sind.