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Zum Tag der pflegenden Angehörigen: Paradigmenwechsel gefordert

07.09.2023 13:11
Angesichts des rapide steigenden Pflegebedarfs und des anhaltenden Fachkräftemangels in der Pflege könne eine bedarfsdeckende Versorgung pflegebedürftiger Menschen in absehbarer Zeit nicht sichergestellt werden, ohne Familien mit zusätzlicher intensiver Pflegeverantwortung zu belasten. Daher brauche es einen Perspektiven- und Paradigmenwechsel in der Pflege, fordert der Bundesverband wir pflegen e.V.

Pflege müsse mehr denn je zu einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe werden, zur Entlastung der pflegenden Familien und zur besseren menschlichen Fürsorge, argumentiert der Bundesverband wir pflegen e.V., Interessenvertretung und Selbsthilfe pflegender Angehöriger.

"Alte Wege öffnen keine neuen Türen. Veraltete Konzepte der Versorgung mit einer Bürokratie, der die Angehörigen oft hilflos ausgesetzt sind, müssen einer selbstbestimmteren Daseinsvorsorge weichen. Ein "Sockel-Spitze-Tausch" als gesellschaftliches Konzept. Investitionen in kommunale Strukturen und zivilgesellschaftliche Angebote zur häuslichen und ambulanten Fürsorge müssen die marktwirtschaftlichen Interessen der institutionellen Pflege ablösen", fordert Notburga Ott, Mitglied der Fachkommission Pflegepolitik wir pflegen e.V.

"Unsere Gesellschaft muss Pflege neu denken. Von unten nach oben", bestätigt Edeltraut Hütte-Schmitz, Mitglied des Bundesvorstands, die ihren Mann bis zu seinem Lebensende pflegte. "Unsere Gesellschaft benötigt eine massive Verlagerung der Planungsmacht, Entscheidungsmacht und Kontrollmacht sowie der Ressourcen hin zu pflegenden Familien, in denen bereits 84 Prozent der Pflege geleistet wird - und bald noch weit mehr der Pflege geleistet werden muss. Parallel dazu eine Verlagerung hin zu den Kommunen, die vor Ort die Entscheidungskraft zur Entwicklung und Finanzierung der Entlastungsstrukturen und -angebote benötigen."

Ein Perspektiven- und Paradigmenwechsel in der Pflege müsse mit realistischen Maßnahmen einhergehen, die vor Ort direkt die Lebensqualität einzelner Familien verbessern. Zur Entlastung der pflegenden Angehörigen und um eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu ermöglichen, fordert der Verband:

  • Maßnahmen zum Wissens- und Fachlichkeitstransfer hin zu pflegenden An- und Zugehörigen, deren Betroffenenexpertise das Fachwissen beruflicher Pflegekräfte oft hervorragend ergänzt
  • Mitspracherechte pflegender An- und Zugehöriger in allen Entscheidungs- und Planungsgremien der Pflege
  • Den einklagbaren Rechtsanspruch auf Kurz-, Tages- und Nachtpflege, zur Initiierung eines bedarfsorientierten Ausbaus der Angebote auf kommunaler Ebene
  • Die schnelle Einführung einer Pflegezeit mit Anspruch auf Lohnersatz für insgesamt 36 Monate je Pflegebedürftigen, analog zum Elterngeld, wie vom Unabhängigen Beirat für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf empfohlen

Diese Forderungen diskutiert der Bundesverband auf einem Fachtag am 15. September 2023 in Bonn unter dem Motto "Gesellschaft stärken. Pflege. Neu. Denken" mit Maria Becker, Bundesministerium für Gesundheit; Maria Klein-Schmeink, MDB; Thorsten Klute, MDL NRW; Barbara Kahler, Vorstandsmitglied der Bagso, und Angelika Hörter, Alzheimer Gesellschaft NRW sowie pflegenden Angehörigen und Mitgliedern des Vereins.

Weitere Informationen zum Fachtag und Anmeldung: https://eveeno.com/fachtag23