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Diskussion: Gerechte Bezahlung in der Pflege

06.04.2017 10:14
Ein Altenpfleger verdient im Jahr durchschnittlich nur 24.657 Euro brutto. Aber nicht überall: Der Monatsverdienst für eine Pflegefachkraft lag im Jahr 2015 je nach Bundesland zwischen 1.879 und 2.871 Euro. Wer am falschen Ort arbeitet und jung ist, verdient also bis zu 35 Prozent weniger. Unter dem Titel „Die Gretchenfrage: Gerechte Bezahlung in der Pflege" diskutieren auf dem Hauptstadtkongress im Juni diverse Akteure des Gesundheitssystems.

Die Folgen der Diskrepanzen, was die Vergütung der Pflegefachkräfte angeht, kann man in Sachsen sehen: Dort werden mit etwa 1.600 Pflegekräften pro Jahr zwei Drittel über Bedarf ausgebildet, aber das reicht nicht: 2015 blieben nach Angaben der Agentur für Arbeit über 1 600 Stellen in Sachsen unbesetzt.

Denn viele Absolventen wandern in andere Bundesländer ab, wechseln nach der Ausbildung in einen anderen Beruf oder gehen nur einer Teilzeitbeschäftigung nach.

Karl Brenke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung erkennt einen direkten Zusammenhang zwischen dem Fachkräftemangel aufgrund geringer Attraktivität des Berufs und mangelnder Verhandlungsstärke bei den Löhnen: „Wenn Fluglotsen knapp sind, steigen die Löhne relativ stark und über Streiks können sie höhere Gehälter fordern. Altenpfleger hingegen sind weniger gewerkschaftlich organisiert. Da wird Fachkräftemangel beklagt, aber es fehlt die Macht, bessere Löhne durchzusetzen."

Das sieht der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann, ähnlich: „Überall wo in Deutschland über Pflege entschieden wird, sitzt die Pflege nicht mit am Tisch." Über Jahrzehnte hätten die Krankenhäuser auf Kosten der Pflege gespart, während die Ärzte hohe Tariferhöhungen erkämpft hätten, so Laumann.

Bei einer repräsentativen Umfrage unter Pflegekräften im Herbst 2016 war häufigste Antwort auf die Frage, welche Maßnahmen den Personalmangel lindern könnten: Die Bezahlung müsse erhöht werden. Sylvia Bühler von der Gewerkschaft ver.di fordert nun: „Dass viele Arbeitgeber die Empathie der Beschäftigten und ihr großes Engagement so schamlos ausnutzen können, muss aufhören!" Die halten dagegen: Eine von ver.di geforderte Steigerungen des Pflegemindestlohns auf 12,50 Euro verglich der Präsident des bpa Arbeitgeberverbands, Rainer Brüderle, mit „Cockpit-Niveau".

Unter dem Titel „Die Gretchenfrage: Gerechte Bezahlung in der Pflege" diskutieren auf dem Hauptstadtkongress: Karl Brenke, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Dietmar Erdmeier, Gewerkschaftssekretär im Bereich Gesundheitspolitik beim Bundesvorstand von ver.di, Kai A. Kasri, Geschäftsführender Gesellschafter der Vivaldo GmbH, Rupert Niewiadomski, Geschäftsführer der Katholischen Sozialstation Freiburg im Breisgau, und Rainer Brüderle, Bundesminister a. D. und Präsident des bpa Arbeitgeberverbands.


Der 20. Hauptstadtkongress findet vom 20. bis 22. Juni 2017 im CityCube Berlin statt.



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